Die wirtschaftliche Gleichstellung bleibt in Deutschland eine große Herausforderung: Der Gender Pay Gap und der Gender Pension Gap bestehen seit Jahren unverändert, und Frauen tragen weiterhin den Großteil der unbezahlten Care-Arbeit. Die Zahlen sind ernüchternd: 61 % der erwerbstätigen Frauen sind finanziell nicht langfristig abgesichert, 80 % können allein von ihrem Einkommen nicht für sich und ein Kind sorgen, und 25 % schaffen es kaum, ihren eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Altersarmut ist weiblich
Altersarmut ist in Deutschland vor allem weiblich – doch warum? Ein Grund sind jahrzehntelange Gehaltsunterschiede: Frauen verdienen im Schnitt weniger als Männer und arbeiten häufiger in Teilzeit oder Minijobs, was zu deutlich geringeren Rentenansprüchen führt – ihre Rentenanwartschaften sind im Durchschnitt nur halb so hoch wie die der Männer. Zudem übernehmen sie oft den Großteil der unbezahlten Care-Arbeit und zahlen deshalb zusätzlich weniger in die Rentenkasse ein. Die Folgen zeigen sich im Alter: Viele Frauen können von ihrer Rente kaum leben und sind auf Unterstützung angewiesen. Heute beziehen Frauen ab 65 Jahren Alterseinkünfte von rund 18 700 Euro brutto im Jahr, Männer von rund 25 600 Euro. Zudem ist der Aufbau einer privaten Altersvorsorge bei geringem Einkommen häufig vom Verdienst und Wohlwollen des Partners abhängig. Das in der Landwirtschaftlichen Alterskasse (LAK) existierende Privileg der verpflichtenden Einzahlungen, wird häufig nicht als solches wahrgenommen. Viele nutzen ihre Möglichkeiten, sich von der LAK befreien zu lassen.
Für Deutsche LandFrauenverband ist das Thema Altersarmut von Frauen zentral, wenn es um die wirtschaftliche Gleichstellung der Geschlechter geht. Deshalb beleuchtet der dlv die Situationen von Frauen in den Landwirtschaft und in den ländlichen Räumen in seiner Arbeit immer wieder. So beispielsweise in folgenden Formaten:
- Bäuerinnenforum im Rahmen der Grünen Woche 2024
- Positionspapier (2024) "Zukunftsfähige Altersvorsorge in der Landwirtschaft geschlechtergerecht ausgestalten"
Zudem ist eine umfassende Social-Media-Kampagne geplant, die im März 2025 an den Start geht. Die Kampagne wird die bedrohliche Situation vieler Frauen beleuchten, die im Alter von Armut gefährdet sind. Sie zielt darauf ab, Frauen für die Notwendigkeit einer eigenständigen und frühzeitigen Altersvorsorge zu sensibilisieren.
Rolle des Ehegattensplittings
Das Ehegattensplitting ist ein zentraler Motor der beschriebenen Dynamiken. In Deutschland haben Paare, die verheiratet sind oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, seit 1958 die Wahl, sich bei der Besteuerung ihrer Einkommen für die Zusammenveranlagung mit Splittingvorteil zu entscheiden. Je höher das Bruttohaushaltseinkommen und je ungleicher dabei die Gehälter, desto größer fällt der steuerliche Vorteil aus. Die sich daraus ergebenden Fehlanreize sind besonders für verheiratete Frauen verheerend.
Viele Paare geraten in einen Teufelskreis ökonomischer Rationalität, eine Spirale, in der kurzfristige wirtschaftliche Entscheidungen langfristige Probleme verstärken. Für junge Paare scheint es oft sinnvoll, wenn eine Person, nachweislich primär die Frau, die häusliche Sorgearbeit übernimmt und gleichzeitig weniger Einkommen generiert. Langfristig bedeutet dies, dass diese Person weniger Berufserfahrung sammelt, erschwert in den Job zurückkehren kann, im Laufe ihres Erwerbslebens weniger Rentenpunkte erwirbt und sowohl aus finanzieller als auch beruflicher Sicht weniger Möglichkeiten hat "eigenes" Kapital aufzubauen. Der Logik des Splittings folgend entstehen so häufig starke finanzielle Abhängigkeitsverhältnisse. Daraus resultiert wiederum, dass die Existenzsicherung im Alter ist gefährdet ist. Der dlv fordert eine Reform des Ehegattensplittings, die über die Abschaffung der Steuerklassen III/V hinausgeht.
Kontakt
Sarah Koops
Stellv. Hauptgeschäftsführerin, Referentin für Frauen-, Gesellschafts- und Engagementpolitik
E-Mail: koops[at]landfrauen.info Telefon: 030 28 44 929-16