Studie zeigt: Ohne Frauen ist kein „Hof“ zu machen!

© Anna Tiessen

Die Ergebnisse der Studie Frauen.Leben.Landwirtschaft liefern wichtige Erkenntnisse. Sie zeigen die vielfältigen Leistungen der Frauen auf den Höfen auf. Die Abschlussberichte liegen jetzt vor.

Die Ergebnisse brechen Klischees auf, denn Frauen kümmern sich um weit mehr als Kinder, Küche und Kühe. Während laut Agrarstatistik nur 11 % der Frauen den Betrieb leiten, gaben 72 % der Teilnehmerinnen an, an strategisch-unternehmerischen Entscheidungen beteiligt zu sein. Immerhin 62 % sind für die Buchhaltung und Finanzen des Betriebs verantwortlich. Aus Sicht des dlv muss die faktische gemeinsame Betriebsführung zukünftig auch in der Agrarstatistik erfasst werden. Denn auch wenn Haushalt und Familie zum Großteil weiterhin in Frauenhand liegen, verstehen sich viele als (Mit-)Unternehmerinnen und bringen in vielen Fällen auch ihre Arbeitskraft mit ein. Gleichzeitig bedeutet das aber nicht, dass die Frauen auch rechtlich am Betrieb beteiligt sind. Denn nur 11 % der Befragten gehört der gesamte Betrieb, einem weiteren Viertel gehören ein Teil der Flächen oder Gebäude.

Unter diesen Voraussetzungen sollte jede Frau auch ihre soziale und rechtliche Absicherung im Blick haben. Die Alterssicherung der befragten Frauen setzt sich meist aus mehreren Bausteinen zusammen. Viele fühlen sich dennoch nicht ausreichend abgesichert oder haben sich noch gar nicht mit der Frage beschäftigt. Durch Besonderheiten des Agrarrechtssystems entsteht im Fall der Trennung / Scheidung bzw. des Todes des Betriebsinhabers insbesondere für eingeheiratete (Ehe-)partnerinnen ein erhöhtes Risiko. Haben die Partner für diese Fälle keine Vorkehrungen getroffen - z.B. in Form eines Ehe-, Partnerschaftsvertrags, Testaments oder einer Lebensversicherung - können die erb- und bewertungsrechtlichen Sonderregelungen für landwirtschaftliche Betriebe zu Altersarmut führen. Der dlv appelliert an die Frauen und deren Familien, frühzeitig tätig zu werden, die vielfältigen Informations- und Beratungsangebote zu nutzen und jedes Familienmitglied individuell abzusichern.

Die Ergebnisse zeigen auch, dass es noch immer viele Barrieren für Frauen gibt, die gern einen landwirtschaftlichen Betrieb leiten möchten. Dazu zählen beispielsweise traditionelle Rollenbilder: Frauen werden wahrscheinlicher Betriebsleiterinnen und Hofnachfolgerinnen, wenn sie Einzelkind sind oder ausschließlich Schwestern haben. Einige Frauen sehen sich auch aufgrund der schwierigen Vereinbarkeit zu einer Entscheidung zwischen Kindern und Betriebsleitung gezwungen. Andere geben nach Geburt des ersten Kindes ihre Leitungsaufgaben vermehrt wieder ab. Diejenigen, die den Spagat versuchen, befinden sich in einem Spannungsfeld, das zu Überlastung führen kann. Dass rund 50 % der befragten Frauen ihr Arbeitspensum rund um die Geburt nicht wesentlich verändert haben, unterstreicht die Notwendigkeit hier Änderungen einzuleiten und auch für die gesundheitlichen Risiken zu sensibilisieren.

Viele der Frauen formulieren einen großen Wunsch nach Auszeiten und mehr Unterstützung. Die LandFrauen möchten gezielt auch Männer für die bestehenden sturkturellen Hindernisse sensibilisieren. Sie sollen sich ermutigt fühlen, selbst alte Rollenbilder zu überwinden und zukunftsfähige Partnerschaftsmodelle zu leben. Klare Absprachen bzgl. der Arbeitsverteilung in Betrieb, Haushalt und Familie nach Geburt des Kindes und die Delegation von Aufgaben an externe Dienstleister können hier helfen. Wichtig ist eine frühzeitige Planung.

Die Studienergebnisse zeigen weiterhin, dass die teilnehmenden Frauen insgesamt von hoher Arbeitsbelastung und zum Teil von Erschöpfung betroffen sind. 21,4 % könnten burnoutgefährdet sein. Zwar wird die subjektive Wahrnehmung der Gesundheit als sehr gut beschrieben, allerdings bergen vielfältige Rollen und Erwartungen die Gefahr der Überlastung. Der psychischen Gesundheit von Frauen in der Landwirtschaft möchte der dlv daher mehr Aufmerksamkeit schenken, damit das Thema weniger tabuisiert wird.

Abschließend bleibt festzustellen, dass die befragten Frauen die Lebensqualität auf den Höfen trotz hoher Arbeitsbelastung insgesamt als hoch einschätzen. Als Gründe geben sie unter anderem an, die eigenen Kinder auf dem Betrieb aufwachsen zu sehen, die ländliche Wohnlage sowie das Arbeiten in der Natur und mit Tieren. Der dlv wird sich dafür einsetzen, dass sie dies auch zukünftig so empfinden werden. Eine erhöhte Planungssicherheit für die landwirtschaftlichen Betriebe ist hierfür sicherlich eine unabdingbare Grundlage. Ihr Fehlen wird von vielen Frauen als Belastung empfunden.

Hintergründe zur Studie Frauen.Leben.Landwirtschaft:

Im Rahmen des vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderten Projektes „Die Lebenssituation von Frauen auf landwirtschaftlichen Betrieben in ländlichen Regionen Deutschlands – eine sozio-ökonomische Analyse“ führten Wissenschaftlerinnen des Thünen-Instituts für Betriebswirtschaft und des Lehrstuhls für Soziologie Ländlicher Räume der Georg-August-Universität Göttingen von 2019 bis 2022 deutschlandweit qualitative und quantitative Untersuchungen durch, um mehr über den Status quo von Frauen in der Landwirtschaft zu erfahren. Der Deutsche LandFrauenverband e.V. (dlv) war Initiator und Kooperationspartner des Projektes.

Nach oben Zurück zur Übersicht
Zum Seitenanfang
nach oben